Egal, ob du in einem Fitnessstudio trainierst, im heimischen Kraftraum oder gerne draussen an einem Sportpark – der Klimmzug gilt als eine Art „R Ritterschlag“ für alle Fitness-Enthusiastinnen und -Enthusiasten. Was er so besonders macht? Klimmzüge beanspruchen gleich mehrere Muskelgruppen, steigern die Griffkraft und trainieren neben dem Rücken auch Arme, Schultern und die Rumpfmuskulatur. Darüber hinaus fühlen sie sich einfach grossartig an: Wer sich das erste Mal über die Stange zieht, erlebt ein einzigartiges Erfolgserlebnis. Doch wie kommt man eigentlich dorthin? In diesem Beitrag erfährst du, warum Klimmzüge so anspruchsvoll sind, wie du dich gezielt darauf vorbereiten kannst und welche Trainingsmethoden deinen Weg zum allerersten Klimmzug unterstützen.
Wer sich schon einmal am Reck oder einer Klimmzugstange versucht hat, weiss, dass Klimmzüge herausfordernd sind – besonders für Anfängerinnen und Anfänger. Anders als bei maschinengeführten Übungen wie dem Latziehen, stabilisiert hier nichts deinen Körper. Es gibt keine Lehne, die dich abstützt, und keine vorgegebene Bewegungsschiene. Stattdessen musst du deine Core-Muskulatur aktivieren, dein Körpergewicht mit den Armen und dem Rücken hochziehen und gleichzeitig für Stabilität sorgen.
Gerade dieses Fehlen einer Hilfestellung macht den Klimmzug zu einem extrem effektiven Ganzkörper-Workout. Die Muskulatur rund um deinen Schultergürtel (insbesondere der Latissimus, die hintere Schulter, der Trapezmuskel und die Rotatorenmanschette) sowie der Bizeps und Teile des Unterarms arbeiten hier eng zusammen. Dieses Zusammenspiel mehrerer Muskelgruppen zahlt sich im Alltag und anderen Sportarten aus: Eine starke Rückenmuskulatur unterstützt die Körperhaltung und beugt Rückenschmerzen vor, kraftvolle Arme erleichtern das Tragen von schweren Einkäufen oder das Bewältigen von Bergwanderungen.
Bevor es an den eigentlichen Klimmzug geht, ist eine solide Basis wichtig. Dazu gehören Kraft, Beweglichkeit und eine gesunde Schulter. Gerade wer noch nie gezielt Krafttraining gemacht hat oder länger pausiert hat, sollte sich langsam an das Thema Klimmzüge herantasten.
Gesunde Schultergelenke: Klimmzüge belasten die Schulter, insbesondere bei engem Griff und grosser Bewegungsamplitude. Wenn du bereits Probleme mit den Schultern hast (z. B. Impingement-Syndrom, Rotatorenmanschettenverletzungen), solltest du dein Vorhaben unbedingt vorher mit einer Fachperson (Physiotherapeutin, Sportmedizinerin) besprechen.
Körpergewicht und Verhältnis zur Muskelkraft: Ein Klimmzug bedeutet, das eigene Körpergewicht nach oben zu ziehen. Wer beispielsweise starkes Übergewicht hat, der muss – rein physikalisch – deutlich mehr Kraft aufbringen. Wenn du Gewicht reduzieren willst, um dir das Training zu erleichtern, ist eine ausgewogene Ernährung wichtig. Doch setze dir realistische Ziele und lege deinen Fokus nicht nur auf die Waage: Auch mit ein paar Kilos mehr kann man Klimmzüge lernen, sofern man vernünftig trainiert.
Kraftgrundlage aufbauen: Viele Menschen unterschätzen, wie wichtig eine gut ausgeprägte Rumpf- und Rückenmuskulatur ist. Baue also vorab Grundübungen wie Rudern (am Kabel, mit Kurzhanteln oder an der Maschine), Latziehen, Planks, Kreuzheben (mit geringer Last für den Anfang) und Rückenstrecker-Übungen in deinen Trainingsplan ein. Dadurch förderst du den Muskelaufbau und erhöhst die Stabilität im Schultergürtel und in der Wirbelsäule.
Ein Klimmzug ist technisch komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Diese Faktoren solltest du beachten:
Der Griff: Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Stange zu greifen. Beim klassischen Pull-up zeigt der Handrücken von dir weg, also in Richtung deines Gesichts. Das heisst, du greifst mit einem Obergriff (Pronation). Beim Chin-up hingegen zeigt die Handfläche in Richtung Gesicht (Untergriff, Supination). Der Chin-up wird oft als einfacher empfunden, da hier der Bizeps stärker hilft. Für den Einstieg sind Chin-ups eine gute Variante.
Die Aktivierung der Schulter: Achte darauf, dass du die Schulterblätter nach unten und hinten ziehst (Scapula-Retraktion), bevor du mit dem Hochziehen beginnst. Das verhindert, dass die Schultern „hochgezogen“ werden, und kann das Risiko von Verletzungen reduzieren.
Körperhaltung: Versuche, einen neutralen Rücken beizubehalten und im Rumpf stabil zu bleiben. Ein leichtes Hohlkreuz ist okay, sollte aber nicht übertrieben werden. Vermeide es, stark hin- und herzuschwingen. Gelingt es dir nicht, dieses Schwingen zu minimieren, arbeitet dein Core womöglich noch nicht effektiv genug.
Bewegungsumfang: Von einer hängenden Position (Arme fast durchgestreckt) ziehst du dich nach oben, bis dein Kinn über der Stange ist. Lasse dich kontrolliert wieder herab, anstatt abzusacken. Eine saubere Wiederholung ist wertvoller als mehrere unsaubere.
Bevor du deinen ersten vollen Klimmzug schaffst, werden dir verschiedene Übungen helfen, die dafür nötige Kraft aufzubauen und die Technik zu verinnerlichen. Die folgenden Methoden haben sich bewährt:
Negative Klimmzüge
Hier springst oder steigst du (z. B. über eine Box) auf die oberste Position, sodass dein Kinn über der Stange ist. Anschliessend lässt du dich langsam (in etwa 3–5 Sekunden) kontrolliert nach unten ab. Dieser exzentrische Teil der Bewegung trainiert deine Muskeln besonders effektiv und hilft dir, ein Gefühl für die richtige Körperhaltung und Griffposition zu bekommen.
Assisted Pull-ups mit Widerstandsbändern
Ein Widerstandsband unterstützt dich, indem es einen Teil deines Körpergewichts „wegnimmt“. Je stärker das Band, desto leichter wird die Übung. Achte jedoch darauf, dass du nicht zu abhängig vom Band wirst. Reduziere nach und nach die Unterstützungsstärke, indem du ein Band mit weniger Widerstand nimmst oder durch Variieren der Fuss- bzw. Knieposition die Unterstützung minimierst.
Assisted Pull-ups mit einer Maschine
Einige Fitnessstudios bieten entsprechende Geräte an, bei denen du dich auf eine Plattform kniest oder stellst. Diese Plattform drückt dich von unten nach oben und erleichtert den Klimmzug. Das ist eine gute Variante, allerdings ist der Bewegungsablauf oft etwas anders als beim freien Klimmzug. Dennoch hilft es dir, dich an die Zugbewegung zu gewöhnen und die Rückenmuskulatur zu stärken.
Rudern in allen Variationen
Ob sitzendes Rudern am Kabelzug, einarmiges Rudern mit Kurzhanteln oder Klimmzug-Varianten wie Inverted Rows (aufrechte Rudervariante an einer niedrigen Stange): Rudern ist eine der besten Übungen, um den Rücken zu stärken. Dadurch bereitest du dich optimal auf die Zugbewegung und Stabilisierung für Klimmzüge vor.
Ein Trainingsplan sollte individuell an deine Ziele, deinen Trainingsstand und deine Alltagsroutine angepasst sein. Im Folgenden findest du dennoch ein mögliches Grundgerüst, das du zwei- bis dreimal pro Woche durchführen kannst:
Warm-up (5–10 Minuten)
Leichtes Kardio (z. B. Seilspringen, Rudermaschine, lockeres Joggen)
Dynamische Mobilisationsübungen für Schultern und Handgelenke (z. B. Armkreisen, Schulterkreisen, Handgelenkskreisen)
Aktivierung (ca. 5 Minuten)
Scapula Pull-ups: Hänge an der Stange, ziehe nur die Schulterblätter nach unten/hinten, ohne die Arme zu beugen. 2–3 Sätze à 8–12 Wiederholungen.
Einfache Core-Übungen wie Planks (30–45 Sekunden halten, 2–3 Durchgänge).
Hauptteil
Negative Klimmzüge oder Assisted Pull-ups: 3–4 Sätze à 6–10 kontrollierte Wiederholungen.
Rudern (Kabel oder Kurzhanteln): 3–4 Sätze à 8–12 Wiederholungen.
Latziehen (falls verfügbar): 3–4 Sätze à 8–12 Wiederholungen.
Optionale Griffkraftübung: Dead Hang für 20–30 Sekunden, 2–3 Durchgänge.
Cool-down (5–10 Minuten)
Leichtes Stretching für die Schultern, den Rücken und den Bizeps.
Kurze Entspannungs- und Atemübungen, um den Puls runterzufahren.
Wichtig: Höre immer auf deinen Körper. Wenn du merkst, dass du noch Kraft in Reserve hast, steigere dich langsam. Achte jedoch auf ausreichend Pausen, um Übertraining und Verletzungen zu vermeiden.
Diese Frage ist absolut individuell. Manche Menschen schaffen es binnen weniger Wochen, andere brauchen mehrere Monate. Faktoren wie dein Ausgangsfitnessstand, dein Körpergewicht, deine Trainingshäufigkeit und auch deine genetischen Voraussetzungen spielen eine Rolle. Lass dich nicht entmutigen, wenn es etwas länger dauert – wichtig ist ein konstanter und strukturierter Trainingsansatz. Setze auf kleine Fortschritte, feiere jede verbesserte Wiederholung und beobachte, wie sich deine Kraft und Technik entwickeln.
Der Weg zum ersten Klimmzug ist nicht nur eine körperliche, sondern auch eine mentale Herausforderung. Oftmals scheitert man an Selbstzweifeln oder falschen Erwartungen. Deshalb kommen hier ein paar Tipps, die dir helfen, motiviert zu bleiben:
Setze dir Etappenziele
Schon der erste „negative Klimmzug“ oder die erste ganze Wiederholung mit einem schwächeren Widerstandsband ist ein Erfolg! Notiere dir diese Meilensteine und blicke ab und zu darauf zurück, um zu sehen, wie weit du gekommen bist.
Suche dir Trainingspartner
Gemeinsam klappt vieles leichter. Vielleicht hast du Freunde, die ebenfalls ihren ersten Klimmzug schaffen möchten? Ihr könnt euch gegenseitig motivieren, Hilfestellung leisten und Erfolge zusammen feiern.
Visualisiere dein Ziel
Stelle dir regelmässig vor, wie du deinen ersten Klimmzug schaffst. Das mag simpel klingen, hilft dir aber, am Ball zu bleiben und eine positive Einstellung zu bewahren.
Genug Erholung
Kraft wächst nicht während des Trainings, sondern in der Ruhephase. Plane daher genügend Pausen ein und sorge für ausreichend Schlaf. Auch eine gesunde Ernährung mit ausreichend Protein ist wichtig, um die Muskeln optimal zu versorgen.
Der Klimmzug ist für viele ein Meilenstein im Fitness-Leben – und das aus gutem Grund. Er fordert mehrere Muskelgruppen, schult die Koordination und schenkt ein tolles Körpergefühl. Auch wenn der Weg dorthin herausfordernd sein kann, sind die Erfolge umso motivierender. Wichtig ist, eine solide Basis zu schaffen, sich mit unterstützenden Übungen und zielgerichtetem Training ranzutasten und die Technik zu verinnerlichen. Und natürlich: Dranbleiben, Geduld haben und Etappensiege feiern!
Gerade hierzulande, wo viele Menschen gerne Zeit in den Bergen oder in der Natur verbringen, kann eine gestärkte Rücken- und Armmuskulatur im Alltag und bei sportlichen Aktivitäten von grossem Vorteil sein. Wenn du anfangs das Gefühl hast, dass sich dein Fortschritt nur langsam einstellt, sei beruhigt: Dieser Prozess ist normal und Teil des Weges. Mit einem durchdachten Trainingsplan, ein bisschen Disziplin und einer positiven Einstellung wird dir dein erster Klimmzug bald gelingen. Dann steht dem grandiosen Gefühl, das Kinn endlich über die Stange zu bringen, nichts mehr im Weg.
Solltest du individuellere Ratschläge oder ein auf dich zugeschnittenes Trainingsprogramm wünschen, ist es stets eine gute Idee, dich von einer Personal Trainerin oder einem Personal Trainer deines Vertrauens begleiten zu lassen. So stellst du sicher, dass Technik, Übungsauswahl und Intensität optimal auf deine Bedürfnisse abgestimmt sind.
In diesem Sinne: Lass dich von kleinen Rückschlägen nicht unterkriegen, trainiere gewissenhaft und freue dich auf den Moment, in dem du deine Schultern triumphierend über die Stange ziehst. Der allererste Klimmzug ist nur eine Frage der Zeit – du kannst das schaffen!